Einheitliche Marke oder differenzierte Ansprache für KMU?

Immer mehr kleine und mittlere Unternehmen aus Deutschland richten ihren Blick auf internationale Märkte. Online-Shops expandieren über die Landesgrenzen hinaus, Handwerksbetriebe verkaufen Produkte ins Ausland, Start-ups werben weltweit um Investoren und Kunden. Doch dabei stellt sich eine zentrale Frage: Soll man die Zielgruppenansprache vereinheitlichen oder für jeden Markt differenzieren? Ein einheitliches Design sorgt für Konsistenz und Wiedererkennbarkeit, während kulturelle Unterschiede, Sprachen und gesetzliche Vorgaben eine Anpassung erforderlich machen.

Gerade neue Regulierungen wie die Datenschutz-Grundverordnung, der Digital Services Act oder die Zahlungsdienste-Richtlinie PSD3 verstärken die Notwendigkeit, Websites international differenziert aufzubauen.


Einheitliche Markenidentität als Grundlage

Auch wenn KMU nicht die Größe globaler Konzerne haben, ist eine klare und wiedererkennbare Markenidentität entscheidend. Logo, Farbwelt, Typografie und zentrale Botschaften sollten international konsistent bleiben, damit Kunden überall dieselbe Marke erleben.

Ein Beispiel dafür ist Zalando, das in über 25 Märkten aktiv ist und trotz länderspezifischer Anpassungen ein einheitliches Corporate Design nutzt.

Auch HelloFresh setzt auf einen wiederkehrenden Markenauftritt, während Inhalte wie Rezepte oder Lieferoptionen an die jeweilige Region angepasst werden. Selbst international agierende familiengeführtes Unternehmen wie Viessmann zeigen, dass ein konsistentes Design die Marke stärkt, auch wenn Websites für unterschiedliche Märkte in Landessprache und mit spezifischen Produkten gestaltet werden.


Warum Differenzierung unverzichtbar ist

Eine reine Vereinheitlichung reicht jedoch nicht aus. Gerade im internationalen Umfeld erwarten Kunden, dass Unternehmen ihre Sprache sprechen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Studien des Marktforschungsunternehmens CSA Research belegen, dass 65 % der Konsumenten Inhalte in ihrer Muttersprache bevorzugen, selbst wenn sie Englisch verstehen.

Für KMU bedeutet das: Wer nur auf Englisch setzt, riskiert, potenzielle Kunden zu verlieren. Hinzu kommen kulturelle Unterschiede in der Bildsprache und Symbolik. So wird die Farbe Rot in Europa oft mit Gefahr assoziiert, während sie in China für Glück und Wohlstand steht. Ein einheitliches Design muss deshalb mit lokaler Differenzierung kombiniert werden, damit die Botschaft in jedem Markt ankommt. Ein Praxisbeispiel liefert DM-Drogeriemarkt, das ein konsistentes Corporate Design verwendet, aber Websites und Angebote länderspezifisch anpasst – von Sprache über Sortiment bis zur Kundenkommunikation.


Regulierungen als Treiber für Segmentierung

Neben kulturellen Aspekten zwingen auch gesetzliche Vorgaben zu einer differenzierten Ansprache. Die DSGVO schreibt in der EU hohe Transparenz- und Einwilligungsstandards vor, während in Kalifornien der CCPA ähnliche, aber abweichende Regeln festlegt. Wer international tätig ist, muss daher länderspezifische Cookie-Banner, Datenschutzhinweise und Einwilligungsmechanismen implementieren.

Auch im Zahlungsverkehr entstehen neue Anforderungen: Mit PSD3 und den verpflichtenden Instant Payments wird in Europa ein einheitlicher Rahmen geschaffen, während in den USA oder Asien andere Standards gelten. KMU, die global verkaufen, müssen entsprechend verschiedene Zahlungsmethoden wie PayPal, Klarna, Wero oder Alipay integrieren.

Wie stark Regulierungen das Webdesign prägen, zeigen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Im Gaming etwa betreiben global agierende Anbieter, die für Deutsche empfohlen werden, länderspezifische Portale, die in Sprache und Zahlungsoptionen jeweils an die lokalen Vorgaben angepasst sind. Im Bereich Unterhaltung verdeutlicht auch SoundCloud mit Sitz in Berlin, wie wichtig rechtliche Differenzierung ist: Die Plattform muss in jedem Markt gesonderte Lizenzregelungen für Musikrechte berücksichtigen und spiegelt dies in den Nutzervereinbarungen sowie länderspezifischen Funktionen wider.

Auch SAP, als weltweit tätiger Softwareanbieter aus Deutschland, setzt auf international differenzierte Webseiten – von speziellen Compliance-Hinweisen über Datenschutzbestimmungen bis hin zu unterschiedlichen Integrationen für regionale Cloud-Infrastrukturen. Der Digital Services Act schließlich verpflichtet Plattformen zusätzlich zu neuen Transparenzmaßnahmen, die gerade für kleinere Anbieter relevant werden, sobald sie digitale Dienste international anbieten.

Für international tätige KMU bedeutet das: Sie benötigen ein hybrides Modell aus einheitlichem Markenauftritt und lokaler Anpassung. Technisch lässt sich dies über mehrsprachige Websites, Subdomains oder Sprachumschalter realisieren. Geo-Targeting kann dazu genutzt werden, Währungen, Zahlungsmethoden oder Rechtstexte automatisch an den Standort des Nutzers anzupassen.

Moderne Content-Management-Systeme wie WordPress mit WPML oder Headless CMS-Lösungen erlauben es, Inhalte zentral zu verwalten und dennoch flexibel für verschiedene Märkte auszuspielen. Wichtig ist dabei, dass trotz lokaler Anpassungen die Markenidentität erhalten bleibt – denn Konsistenz und Vertrauen sind die Basis jeder erfolgreichen Internationalisierung.

Ein deutsches KMU, das international wachsen will, muss im Webdesign den Spagat zwischen Einheitlichkeit und Differenzierung meistern. Die Markenidentität sollte weltweit gleichbleibend erkennbar sein, doch Sprache, Kultur und rechtliche Rahmenbedingungen verlangen nach gezielten Anpassungen. Neue Regulierungen wie DSGVO, DSA oder PSD3 machen diese Differenzierung nicht nur sinnvoll, sondern häufig notwendig. Wer es schafft, eine starke Marke mit lokaler Anpassungsfähigkeit zu verbinden, sichert sich nicht nur Reichweite, sondern auch Vertrauen und Rechtssicherheit – zwei zentrale Faktoren für nachhaltigen Erfolg im internationalen Geschäft.

Quellen:
https://commission.europa.eu/law/law-topic/data-protection/reform_de
https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/digital-services-act-package
https://www.payment-services-directive-3.com/
https://www.hoganlovells.com/en/publications/psd3-european-parliament-adopts-amended-psd3-and-psr-texts-at-first-reading
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A32024R0886
https://csa-research.com/Insights/ArticleID/530/Can-t-Read-Won-t-Buy-2023
https://oag.ca.gov/privacy/ccpa
https://corporate.zalando.com/en/about-us/our-markets
https://www.viessmann-climatesolutions.com/en/contact.html
https://www.hellofreshgroup.com/
https://www.dm.de/unternehmen/ueber-uns/unsere-laender-c583754.html
https://soundcloud.com/terms-of-use
https://www.sap.com/about/company/office-locations.html
https://www.storyblok.com/