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Designer und Kunde. So funktioniert die Zusammenarbeit.

Bei Geschäftsbeziehungen zwischen Designer und seinen Kunden gelten dieselben Regeln wie bei anderen Begegnungen auch: Beim ersten Date redet man nicht nur über sich, sondern hört dem Gegenüber zu und stellt Fragen. Genauso sollte es auch beim Erstgespräch mit einem (potenziellen) Auftraggeber sein. Man darf ihn nicht gleich mit Mappe, Präsentation und gestalterischen Fachbegriffen überfallen, sondern sollte sich behutsam an die Problemstellung herantasten.

Die eigentliche Aufgabe liegt nämlich nicht immer da, wo der Kunde sie vermutet. „Die große Herausforderung ist herauszufinden, ob es eine Hidden Agenda gibt“, erklärt Christian Büning, Präsident des Berufsverbands der Kommunikationsdesigner (BDG) und selbstständiger Designer. „Will der Kunde einen konkreten Auftrag vergeben, etwa für ein Plakat, braucht er vielleicht in Wirklichkeit ein neues Kommunikationskonzept.“

Um solche versteckten Anforderungen oder Vorlieben zu erkennen, ist ein persönliches Treffen essenziell. Von unpersönlichen Pitches, in denen Agenturen Briefings überreicht werden, ohne dass Rückfragen möglich sind, raten Designprofis einstimmig ab. „Erfreulicherweise gibt es hier ein Umdenken. Pitchteilnehmer haben zunehmend die Chance, einzelne Punkte genauer zu klären und fragen nach einer Entwurfsvergütung“, sagt Büning.

Neun von zehn Briefings sind schlecht

Auch wenn es sich nicht um einen Pitch handelt, sind die Briefings von Kunden oft schwammig und ungenau, wenn nicht sogar unverständlich. »Neun von zehn Briefings sind schlecht«, so Moritz Dunkel, Freiberuflicher Designer aus Köln. „Aber das ist nicht schlimm, solange man nachhaken kann und der Kunde mitmacht.“ Manchmal hilft es schon, die Aufgabenstellung dem Kunden gegenüber in eigenen Worten zu wiederholen, um auf Ungereimtheiten zu stoßen und zusätzliche Informationen zu bekommen, rät Dunkel. Folgende Punkte muss ein Briefing enthalten:

Angaben zum Unternehmen, seinem Markt und seinen Wettbewerbern, zum Produkt oder der Dienstleistung, zur Zielgruppe sowie zu bisherigen Kommunikationsmaßnahmenund der Zielsetzung des aktuellen Auftrags.

Auch Rahmenbedingungen wie Budget und Honorar sowie Termine für Zwischenpräsentationen oder Entscheider auf Kundenseite müssen definiert werden. Ein gutes Briefing ist unabdingbare Basis für eine gute Zusammenarbeit und eine reibungslose Beziehung. „Jede Stunde, die wir ins Briefing stecken, sparen wir nachher mit dem Faktor 5 bei der Entwicklung“, so Benedikt Holappels, Geschäftsführer von GGH Lowe in Hamburg. „Viele Kunden haben keine Zeit, richtig zu briefen, und sind eventuell genervt, wenn wir viel nachfragen. Aber wir machen ihnen dann klar, dass es wesentlich effizienter und effektiver ist, wenn wir von Anfang an
wissen, was Sache ist.“

Einen festen Fragenkatalog, der auf jedes Projekt passt, gibt es nicht. Hier sind Einfühlungsvermögen und Design Thinking gefragt. „Wir motivieren Designer, sich stärker mit den Wünschen ihres Auftraggebers zu beschäftigen und sich empathisch in die Gemengelage des Umemehmens hineinzwerserzen“, erklärt Ulrich Weinberg, Leiter des HassoPlattner lnstituts an der Universitär Potsdam. Die School of Design Thinking, wie das Institut sich auch nennt, bietet neben dem Studium auch Open Courses für Unternehmen und Designagenturen an.

Gemeinsam eine Grundlage erarbeiten

Das Ersrgespräch bietet die Möglichkeit auszuloten, wieviel Designverständnis der Auftraggeber mitbringt. Das ist im weiteren Prozess sinnvoll, etwa bei der Präsenration von Entwürfen. „Häufig muss man erst mal Begriffe klären- beispielsweise den Unterschied zwischen Corporate Design und Corporate Identity“, sagt Kommunikationsdesigner Moritz Dunkel. „Das ist notwendig, um eine gemeinsame Arbeitsgrundlage zu schaffen. Dabei sollte man aber behutsam vorgehen und den Kunden nicht von oben herab belehren. Ich positioniere mich von Anfang an als Helfer, den man alles fragen kann“.

Bei größeren Aufträgen wie einem Corporate Design sind Workshops ein gutes Mittel, um ein gemeinsames Verständnis der Aufgabenstellung zu erarbeiten und vielleicht auch schon erste Ideen zu generieren. Dazu holt man am besten Entscheider und Mitarbeirer aus verschiedenen Abteilungen an einen Tisch. Das können auch kreative Einzelkämpfer ohne Agenturapparat im Rücken. Es müssen nicht unbedingt ganztägige, moderierte Workshops mit ausgeklügelten Merhoden sein. Man kann den Auftraggeber etwa bitten, Beispiele dafür mitzubringen, was er fürg elungene Kommunikation hält.

„Daran kann man schon viel ablesen und eventuell diskutieren“, sagt Christian Büning. Ist der Chef nicht bereit, sich zu beteiligen, kann man ihn oft mir dem Argument gewinnen, dass Strategiefragen nicht vom Marketingleiter allein getroffen werden sollten. Die meisten Geschäftsführer schätzen es, wenn der Designer Interesse zeigt und sie in den Prozess einbezieht. Die Meetings in der Briefingphase gehen oft fließend in Ideation-Workshops über, die im kreativen Prozess stattfinden.

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